GASTBEITRAG – Lernen im Stress? Weiterbildung neben Arbeit und Familie

Zeit. Sie ist relativ. Dass dem so ist, veranschaulicht ein Zitat, das dem Entdecker der Relativitätstheorie zugeschrieben wird:

Wenn man mit dem Mädchen, das man liebt, zwei Stunden zusammensitzt, denkt man, es ist nur eine Minute; wenn man aber nur eine Minute auf einem heißen Ofen sitzt, denkt man, es sind zwei Stunden – das ist die Relativität.

Albert Einstein
zugeschriebenes Zitat

Das relative Zeitempfinden scheint sich auch zu ändern, wenn man lernen sollte, aber gleichzeitig noch arbeitet und eine Familie großzieht. Die Zeit, sie scheint einem buchstäblich zu verrinnen. Man gerät in Stress. Wie lässt sich dem entgegenwirken?

Stress – Was ist das überhaupt?

Jede und jeder von uns war wohl schon in einer stressigen Situation. Der Duden definiert „Stress“ als „erhöhte Beanspruchung, Belastung physischer oder psychischer Art“.
 
Ist es nicht widersprüchlich, dass Arbeit und Familie zu Stress beim Lernen führen? Sollte Arbeit nicht etwas sinn- und autonomiestiftendes sein? Und sollte die Familie nicht den Rückzugsort schlechthin darstellen?

Die Antwort ist: Ja und ja. Inwiefern uns das beim Lernen im Stress hilft, darauf komme ich später zurück. Zunächst soll es noch kurz darum gehen, was „Lernen“ denn überhaupt bedeutet.

Lernen – Ein Näherungsversuch

Was die Lernpsychologie angeht, bin ich ein Verfechter des Konstruktivismus. Das bedeutet (kurz gesagt) folgendes:
 
Das gelernte Wissen ist im Gehirn kein Fotoalbum, das ich jederzeit hervorholen kann und es erscheint unverändert. Stattdessen wird Wissen von jeder Person eigenständig und immer wieder auf’s Neue konstruiert. Lernen ist also kein passives Speichern, sondern aktives Konstruieren.
 
Was sich daraus aus meiner Sicht auch ableiten lässt: Man rekonstruiert beim Abrufen von Wissen immer auch die Gefühle, die mit dem Stoff assoziiert sind. Das heißt: Wenn ich beim Lernen von schlechten Gefühlen wie Stress oder Versagensangst übermannt werde, können diese beim Abrufen der Information ebenfalls rekonstruiert werden. Das sollte man also tunlichst vermeiden.
 
Sinnvoller erscheint es, Spaß oder Neugier beim Lernen zu entwickeln. Ja, das ist eine Binsenweisheit, aber berechtigt ist sie trotzdem.

Wie lässt sich mit Spaß lernen?

An dieser Stelle kommen wir wieder auf unsere Feststellung weiter oben zurück: die Arbeit als sinn- sowie autonomiestiftend und die Familie als Rückzugsort.
 
Durch die Arbeit kannst du Abstand gewinnen von der Lernerei. Wenn ich zu lange am Stück lerne, geht es mir gelegentlich so, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Hilfreich ist es dann immer, wenn ich Distanz gewinne und später mit frischem Elan an die Sache herangehe.
 
Dein Rückzugsort Familie kann dich auf verschiedenste Arten unterstützen. Eine Freundin erzählte mir, wie sie während der nervenaufreibenden Examensvorbereitung den Kontakt zu ihrem Freundeskreis hielt. Sie hat ihnen gesagt: „Ich würde mich gerne mit dir treffen, muss gerade aber an das Lernen denken. Wir können es aber so machen, dass wir uns zum Essen treffen, wenn du dafür kochst. Wenn du das nächste Mal im Stress bist, werde ich auch das gleiche für dich tun.“ Mit dieser Methode fuhr sie ziemlich gut. Denn Essen musste sie ja sowieso.
 
Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten, wie dir Familie und Freunde beim Lernen im Stress helfen können. Grundsätzlich gilt: Jeder Mensch kennt die Situation und hat zu einem gewissen Grad Verständnis dafür.
 
Du könntest dich abfragen lassen. Oder du überlegst dir, welche Aspekte des Lernstoffs so spannend sind, dass du sie deiner Familie erklären kannst. Wenn du das schaffst, hast du einen enorm wertvollen Zugang zur Thematik gewonnen, der dir beim Lernen extrem hilft.
 
Wenn du ein Kind hast, kannst du auch mit ihr oder ihm gemeinsam lernen. Dafür bietet sich besonders die Kettenmethode an.
Die Kettenmethode
Bei der Kettenmethode geht es darum, eine Assoziationskette mit den zu lernenden Begriffen zu bilden. Anschaulicher wird dies, wenn wir es anhand eines Beispiels konkretisieren. Sagen wir mal, du müsstest die letzten fünf Kanzler der Weimarer Republik auswendig wissen. Wie würdest du vorgehen?
 
Bei der Kettenmethode würdest du nun die Namen der Kanzlerin anschauliche Bilder verwandeln und daraus eine Geschichte basteln. Bei dieser Geschichte (oder dem Umwandeln in Bilder) könnte dir dein Kind helfen. Schließlich sollte man niemals die Fantasie und Vorstellungskraft eines Kindes unterschätzen.
 
Die letzten fünf Kanzler der Weimarer Republik heißen:
  • Marx
  • Müller
  • Brüning
  • Papen
  • Schleicher
Die möglichen Bilder könnten folgendermaßen aussehen:
 
  • Marx → Max und Moritz
  • Müller → Drogeriemarkt Müller
  • Brüning → Brücke
  • Papen → Pappe
  • Schleicher → (an-)schleichen
Im nächsten Schritt gilt es, daraus eine Geschichte zu konstruieren. Sie könnte folgendermaßen aussehen:

Die Spitzbuben Max und Moritz gingen in den Drogeriemarkt Müller. Dort sahen sie das Modell einer Brücke. Die Brücke war aber aus Pappe. Sie wollten sich aus dem Laden schleichen, damit sie dafür nicht bezahlen müssen.

Falls du dich für weitere Lernmethoden interessierst, empfehle ich dir diesen Artikel.
 

Was, wenn das Lernen so gar keinen Spaß macht?

Wenn wir ein Thema beim Lernen überhaupt keinen Spaß macht, kannst du dir vor Augen führen, warum du dir das überhaupt antust. Häufig gibt es dafür ja gute Gründe: Eine mögliche Weiterqualifizierung und dadurch mehr Gehalt, sich selbst beweisen, was man kann, etc.
 
Hier kommt aber noch ein handfesterer Tipp: Die Pomodoro-Technik. Unter diesem Link findest du eine ausführlichere Erklärung, worum es sich dabei handelt. Hier folgt nur die Kurzfassung:
 
Nimm dir vor, was du als nächstes Lernen willst. Danach stellst du den Timer auf 25 Minuten. In diesen 25 Minuten lässt du dich von nichts durch das Lernen abhalten. Kein Blick auf das Smartphone oder auf die Uhr. Diese 25 Minuten gehören allein dem Lernen. Danach kannst du fünf Minuten Pause machen.
 
Das Wundervolle an dieser Technik ist das folgende: 25 Minuten sind ein insgesamt kurzer Zeitraum. Deshalb fällt es dir leichter, dich dafür zu motivieren. 25 Minuten, in denen du dich zu einhundert Prozent auf das Thema einlässt, können aber ausreichen, dich in den Flow zu bringen. Als „Flow“ bezeichnet man in der Psychologie den “ Zustand höchster Konzentration und völliger Versunkenheit in eine Tätigkeit„. Das bedeutet: Nach den 25 Minuten willst du womöglich gar keine Pause machen.
 
Und falls du danach nicht im Flow bist? Dann hast du immerhin den ersten Schritt beim Lernen hinter dir. Und 25 Minuten Zeit kannst du sicher trotz Arbeit und Familie finden.

Gastbeitrag von Stefan @gedankenpalast.blog

Ich hoffe, euch hat dieser Beitrag, fernab von allen Kindheit- & Mami-Zeug gefallen? Ich fand ihn super und hoffe, einige Tipps umsetzten zu können. Die erste Klausur steht nämlich an. Ich werde berichten 😉

 

Falls ihr Fragen an ihn habt, bitte melde euch doch direkt an: stefan@gedankenpalast.blog

Ich danke dir, Stefan.

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