Gastbeitrag: Rollenspiel mit Puppen – Kindliche Entwicklungsförderung

Was haben wir es in der Kindheit geliebt: In fremde Rollen schlüpfen, als tapferer Ritter das Burgfräulein retten, als unsere Helden aus Buch und Film Abenteuer erleben. Gemeinsam mit Freunden aus der Nachbarschaft oder im Kindergarten wurden verschiedene Rollen ausprobiert und nachgespielt. Ging eine Szene im Lieblingsbuch oder im Film nicht so aus, wie man sich das vorstellte, änderte man sie einfach um und spielte sie der Vorstellung entsprechend zu Ende. 

Beim Rollenspiel mit Puppen beschäftigen sich vor allem Kleinkinder mit Alltagsszenen. Hier werden meist aktuelle Themen aufgegriffen, wie „Kuchen backen“, „Arztbesuch“ oder „Tierarzt“. Dabei ist das Rollenspiel nicht nur ein Ausprobieren verschiedener Lebensbereiche, sondern zeigt Eltern viel über das Erleben ihres Kindes auf. Außerdem haben sie die Möglichkeit daran abzulesen, was das Kind aktuell beschäftigt, welche Sorgen und Nöte bestehen oder welche Interessen sich entwickeln. 

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Die Welt spielerisch erfahren

Das kindliche Rollenspiel beginnt je nach Entwicklungsstufe des Kindes und ist individuell – einige Kinder beginnen mit zwei Jahren damit, andere mit drei Jahren. Die Dauer dieser spielerischen Phase ist dabei ebenso spezifisch, wie jedes Kind. Sie kann bis weit in die Grundschulzeit hineinreichen und ist besonders im Kindergarten und Vorschulalter ausgeprägt. Kleinere Kinder beginnen mit dem Rollenspiel meist mit ihren Kuscheltieren, Spielfiguren oder Puppen, während ältere Kinder meist selbst die Rolle verkörpern. 

In jungen Jahren sind die Zusammenhänge und Rollenverteilungen noch sehr einfach gehalten, je älter die Kinder werden, desto komplexer werden die Zusammenhänge und Geschichten im Laufe der Zeit. 

Zusammenhänge begreifen durch Rollenspiele

Besonders Kleinkinder greifen auf Hilfsmittel wie Puppen und Stofftiere zurück, was ihnen die Beschäftigung und das Auseinandersetzen mit der Erwachsenenwelt wesentlich vereinfacht. So erleben Mädchen beispielsweise mit ihrer Puppe den Alltag so nach, wie ihre Mütter mit ihren Kindern. Da muss die Puppe ebenso Zähneputzen, wird gefüttert und gewickelt und im eignen Puppenbuggy mit auf den Spaziergang genommen. Für Kinder ist das der Weg, die Welt spielerisch zu entdecken und zu erkunden. Sie lernen dadurch, verschiedene Rollen zu verstehen und begreifen, warum Erwachsene in bestimmter Weise auf verschiedene Situationen reagieren. 

Puppen und Stofftiere werden so nicht nur zum „eigenen Kind“, sondern nehmen verschiedene Rollen ein. Das kann beispielsweise der beste Freund sein, dem das Kind seine Geheimnisse, Sorgen und Nöte anvertraut, aber auch das kleine Geschwisterchen, auf das es sorgsam aufzupassen gilt. Das Spielzeug wird somit zu einem Instrument, durch welches das Kind lernt, die Welt zu begreifen. So werden bestimmte Zusammenhänge im Rollenspiel schon früh klar, beispielsweise wenn das Kind seine Puppe mit dem Löffel füttert. Dann hat es verstanden, dass ein Löffel dazu dient, Essen zu sich zu nehmen. Die Handlungen sind hier noch sehr einfach und drehen sich in der Regel um einzelne Objekte, besonders zu Anfang besitzt die Puppe auch noch kein „Eigenleben“. 

Je älter das Kind wird, desto mehr verbindet es mit seiner Puppe oder dem Stofftier. So kommt nach und nach Leben in das Spielzeug, für das Kind erhält es eine eigene „Seele“, die Beziehung wird dadurch intensiver. 

Rollenspiel mit Puppen: Emotionen verstehen

Je älter Kinder werden, desto mehr kann das Rollenspiel mit Puppen im Entwicklungsprozess unterstützen. So lernen Kinder beim Spielen, Emotionen nicht nur auszudrücken, sondern auch darauf zu reagieren. Sie erfassen Emotionen nicht nur, sie lernen auch, diese zu verstehen. So zeigt sich bereits früh, ob ein Kind beispielsweise Empathie entwickeln kann. Das Rollenspiel mit Puppen bietet Kindern aber nicht nur Raum zum Lernen. Nicht nur positive, auch negative Erlebnisse können im Spiel verarbeitet und aufgearbeitet werden. Oft schnappen Kinder Schilderungen von ihnen noch unbekannten Situationen auf, die ihnen Sorge bereiten. Beispielsweise ein Aufenthalt im Krankenhaus. Kinder stellen sich beim Spielen solcher Situationen vor, wie es dort sein könnte – und stellen sich damit unbewusst ihren Ängsten. 

Entwicklungsförderung durch Rollenspiel mit Puppen

Nicht nur Kinder entwickeln sich weiter, auch die Art des Rollenspiels. Während sie in den ersten Jahren (etwa bis zum dritten Lebensjahr) weitestgehend die Realität nachspielen, wächst die Phantasie mit zunehmendem Alter und die Rollenspiele werden abwechslungsreicher. Rollen werden variiert, Situationen dürfen übertrieben werden – ohne reale Konsequenzen fürchten zu müssen. Puppen und Stofftiere werden nach und nach durch andere Figuren ersetzt. Hier zeigt sich die Entwicklung des Kindes, das in eine neue Lebensphase eintritt und das Spiel mit Puppen und Stofftieren Babys und Kleinkindern zuordnet und sich selbst in einem anderen Lebensstadium sieht. In dieser Phase blickt das Kind also bereits auf sich selbst zurück und kann Babys und Kleinkinder bisweilen als anstrengend und nervig empfinden. Eben auch, wie im wahren Leben.

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